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Interview:
Lara erzählt über den Tag und die Zeit danach, an dem ihr Papa starb
,, Wie
man sein Leben erlebt, wenn der Vater verstorben ist ‘‘
Ich
kenne Lara nun seitdem ich noch ganz klein war. Vom Kindergarten halt. Ich
kenne auch Laras Familie mittlerweile sehr gut. Ich kenne aber auch noch Laras
Vater aus Zeiten vor dem Unfall. Ich kenne ihn aus Zeiten in denen er noch
gelebt hat. Der Tod von Laras Vater halt viel in der Familie und im Leben
miteinander verändert, dennoch lebt es sich fröhlich mit all denen, die
geblieben sind. Lara versucht in dem Interview die Vergangenheit vielleicht ein
kleines Stück nochmal hervorzubringen um darüber zu sprechen, was genau ihr Leben
verändert hat
Wie hast du den Todestag deines Papas
erlebt?
An
dem Tag war ich in Hiddenhausen beim Reiten und wenn ich mit dem Reiten fertig
war, sollte ich meine Mama immer anrufen, dass sie mich abholt. Am Telefon hat
sie mir gesagt, dass mich Andrea, eine Freundin von ihr, abholt. Das fand ich
schon komisch. Aber auf die Antwort warum sie mich nicht selbst abholt, kam ,,Andrea
holt dich jetzt ab‘‘. Als wir dann im Auto saßen und zu Hause ankamen, standen
überall Autos. Ich dachte erst ich hätte irgendeinen Geburtstag vergessen. Aber
danach habe ich mir direkt Gedanken darüber gemacht, was sonst hätte passiert
sein können. Als ich dann zu Hause reingekommen bin, kamen meine Mama und meine
Patentante auch schon auf mich zu und meinten, dass sie mit mir nach oben gehen
wollen um was zu bereden. Auf dem Weg nach oben habe ich sie schon damit
gelöchert was denn los sei. Dann habe ich einfach auf dem Weg gefragt ,, Ist
Papa gestorben? ‘‘. Da mussten beide direkt weinen. Wir haben uns aufs Bett
gesetzt und da haben sie mir versucht das beizubringen, was ich schon vermutet
hatte.
Nachdem
wir dann mit dem Gespräch fertig waren, musste ich mich noch umziehen, weil ich
ja noch meine Reitsachen anhatte. Wir sind runtergegangen und da waren dann
auch schon alle aus der Familie da und haben geredet. Über was weiß ich aber
nicht mehr.
Also hattest du so eine Art
Tunnelblick?
Ja
so ungefähr, ich habe mich selbst wahrgenommen. Alles um mich herum habe ich
nicht mehr bemerkt.
In welchen Situationen fällt dir der
Tod deines Papas heute noch schwer?
Wenn
andere über ihren Papa reden und zum Beispiel darüber erzählen was die so
zusammen machen. Auf Familienfeiern geht es mir ähnlich. Das hat auch überhaupt
nichts mit Neid zu tun, ich bin dann immer nur so sauer, dass es ausgerechnet
mein Papa ist der sterben musste. Aber was mich am meisten stört ist, wenn Leute
über den Tod alles wissen und immer einen auf rücksichtsvoll machen wollen und
meinen mich fragen zu müssen, ob es ok sei darüber zu reden. Ganz im Gegenteil.
Ich spreche gerne über meinen Papa und wenn mich jemand danach fragt, wie mein
Papa so war, dann bin ich immer ganz stolz, wenn ich nochmal Sachen erzählen
darf.
Auf
der anderen Seite fällt es mir aber auch schwer zu erleben, wie Leute dann auf
meine Geschichten reagieren oder allgemein darauf reagieren, dass ich nur noch
ein Elternteil habe. Ein ,,Oh...‘‘ ist da für mich keine richtige Reaktion. In
den Köpfen von Vielen ist es schwer zu akzeptieren, dass es auch Familien gibt,
wo das perfekte Bild von ,,Mutter,
Vater, Kind‘‘ nicht mehr vorhanden ist und es trotzdem klappt.
Glaubst du, dass du heute anders
wärst, wenn dein Papa noch da wäre?
Ja
definitiv. Ich hätte dann einfach noch eine väterliche Person, halt so einen
Beschützer bei mir. Man fühlt sich vom Papa meist mehr beschützt als von der
Mama. Zum Beispiel als meine Mama und ich in London waren, als ich noch kleiner
war, sind wir als es dunkel war nicht mehr rausgegangen. Ich glaube, wäre mein
Papa noch da gewesen, wäre das vielleicht anders abgelaufen. Es macht einfach
einen Unterschied, ob man von beiden seiner Eltern erzogen wurde oder nur von
einem. Ich glaube mir wäre einfach viel mehr verboten worden, wenn Papa noch
hier wäre.
Gibt es Teile in deiner Kindheit die
du vermisst, weil andere Kinder anders groß geworden sind?
Ja,
das Papa viele Sachen nicht miterlebt hat. Ob es meine Einschulung auf der
weiterführenden Schule war, der erste Freund oder mein Schulabschluss. Das sind
Sachen die ich gerne mit meinem Papa geteilt hätte. Das vermisse ich. Ich habe
dann halt alles andere nur mit Mama gemacht. Es gibt ja auch keine Sachen, die
man mit ihr nicht machen kann. Ob es darum geht schwimmen zu fahren oder in den
Urlaub zu fliegen, mit Mama geht das genauso gut.
Verhalten sich andere Leute dir
oftmals anders gegenüber, weil du nur noch ein Elternteil hast?
Ja,
ich habe das ja eben schon einmal angerissen. Von meinen engen Freunden auf
keinen Fall wer. Eher passiert sowas vor Leuten, die ich noch nicht so gut
kenne. Ich merke das daran, dass diese Personen in manchen Situationen immer
besonders lieb sein wollen und mir heute noch das Beileid aussprechen und sehr viel
Rücksicht nehmen möchten. Ich sage dann einfach immer, dass es ok ist. Bei
Beileidsaussprüchen bedanke ich mich und denke mir meinen Teil dabei.
Du meintest ja eben schon, dass dich
manche Sachen stören, aber in welchen Situationen warst du so richtig wütend,
wenn es um deinen Papa ging?
Als
eine Freundin damals meinte, dass sie alles besser wüsste. Sie meinte Sachen zu
mir wie: ,, Es bringt dir eh nichts zur Beerdigung zu gehen, weil wenn man
eingeäschert wird, gibt es sowieso kein richtiges Grab. ‘‘ . Darüber bin ich
bis heute noch fassungslos. Ich war damals richtig sauer und musste weinen.
Nicht weil ich es geglaubt habe, sondern weil ich nicht begreifen konnte, wie
mir jemand so etwas sagen konnte. Das hat mich schon ziemlich verletzt. Über
mich selbst bin ich aber auch wütend. Ich habe damals versucht alles mit mir
selbst auszumachen um das zu verarbeiten. Ich wollte niemanden damit belasten.
Mit der Erfahrung von heute, hätte ich damals mehr mit anderen darüber reden
sollen.
Was war nach dem Tod deines Vaters die
größte Enttäuschung für dich?
Auf
längere Sicht gesehen finde ich es schade, dass sich der Kontakt mit der
Familie von der Seite meines Papas so verlaufen hat. Wahrscheinlich aus dem
Grund, dass ich jemanden zu viel an
meinen Papa erinnern könnte.
Gibt es auch Situationen über die du
dankbar bist?
Ich
bin über die Unterstützung meiner Familie zu dem damaligen Zeitpunkt dankbar.
Natürlich auch über die meiner Freunde. Ich weiß nicht ob ich es hätte ertragen
können meinen Papa mit schwerer Behinderung zu sehen oder ihn sein ganzes Leben
schwerkrank im Rollstuhl rumzufahren. Ich glaube auch nicht, dass er das
gewollt hätte. Auf der anderen Seite, wäre es schon schön ihn immer noch bei
mir zu haben.
Willst du den Lesern vielleicht noch
etwas mitgeben?
Wenn
es jemanden gibt, der das auch erlebt hat, würde es mich freuen, wenn diese
Person sich in meinen Antworten wiederfinden kann und sich vielleicht auch mit
mir identifizieren kann. Falls jemand grade in der gleichen Situation steckt,
wie ich damals, würde ich denen raten so viel wie möglich darüber zu reden. Ich
habe damals zu wenig bis gar nicht darüber geredet, was es mir nicht leichter
gemacht hat. Wenn man über jemanden reden kann, der verstorben ist und nochmal
alte Geschichten auspackt, macht es auch Spaß diese Momente nochmal erleben zu
dürfen.
Danke
für das Interview, danke für alles!